Es ist ungewöhnlich, wenn der Präsident von Europa Uomo Schweiz, der Prostata- und Männerkrebs-Patientenorganisation über Brustkrebstherapien berichtet. Die persönliche, langjährige Erfahrung von Max Lippuner ist bemerkenswert und gibt neue Hoffnung.Prostatakrebs – häufigst diagnostizierter Männer-Krebs, 6000 Neudiagnosen p.a. Mit 57 Jahren erhielt ich die Diagnose «grossvolumiger, hochaggressiver» Prostatakrebs. Die ärztliche Empfehlung lautete damals: Prostatektomie und Schutzbestrahlung. Erwartete Nebenwirkungen: Impotenz, möglicherweise Inkontinenz und Rückfall Ich habe mich nach vielen Überlegungen «nur» für die Bestrahlung entschieden. Die behandelnden Ärzte haben meine Wünsche argumentlos akzeptiert. Das Ergebnis ist sehr erfreulich: 10 Jahre Ruhe ohne jegliche Therapie. Dann kamen die Erfahrungen zum fortgeschrittenen Prostatakrebs: ansteigender PSA, bestätigter biochemischer Rückfall und anschliessende Suche nach dem Ort des Rückfalls. Dies geschah mittels PSMA-PET-CT und zeigte Gutes: saubere Prostata, Lymphknoten und Samenblasen aber auch Schlechtes: nämlich 1 grosse Metastase (2,8 cm) im unteren rechten Beckenknochen. Diese wurde punktuell bestrahlt und damit stillgelegt. Aber schon nach kaum 2 Jahren stieg der PSA-Wert wieder an. Ergebnis des neuerlichen PSMA-PET-CT: alles ruhig, nur jetzt 2 Metastasen im Rückgrat im Wirbel S3 und L1. Noch einmal die gleiche Therapie. Wiederum Ruhe bis … Seit dem Beginn meiner persönlichen Betroffenheit im Jahr 2007 habe ich mich mit der komplexen Thematik detailliert auseinandergesetzt. Die vielen verschiedenen Facetten von Behandlungen, Medikamente und Nebenwirkungen, schweizerische und europäische Standards, Umgangswissen von Selbsthilfegruppen usw. liessen mich die Zusammenhänge erkennen und vernetzen. Es ist ein grosses Feld mit sich schnell ändernden Therapien und darum ist es mir wichtig, einen Beitrag zum Stand der Entwicklung zu geben. Zudem steht diese Entwicklung innerhalb des Schweizer Gesundheitssystems. Auch damit beschäftige ich mich intensiv mit dem Ziel den Patienten von schweren, chronischen Krankheiten eine Stimme zu geben. PSMA-PET-CT (PSMA: prostataspezifisches Membran-Antigen / PET: Positronenemmissionstomographie / CT: Computer Tomographie) Das PSMA ist ein membrangebundenes Glykoprotein, das in Deutschland im Jahr 1993 entdeckt wurde. PSMA kommt in geringerer Menge auf Prostata- und auch anderen Zellen und in grossen Mengen auf Prostatakrebszellen vor. Des Weiteren findet es sich in grösseren Mengen auf Zellen der Neovaskulatur (neugebildeten Gefäßen) anderer solider Tumorarten, z.B. auch bei Brusttumoren. Mit dem Progressions- und Metastasierungsgrad nimmt die Expression von PSMA zu. Durch die hohe Spezifität stellt es als Tumormarker ein ideales Zielantigen für neue Therapieansätze gegen das Prostatakarzinom dar. Für diagnostische Zwecke können PSMA-spezifische monoklonale Antikörper für bildgebende Verfahren verwendet werden. Für therapeutische und immunsystemunterstützende Anwendungen ist das PSMA bestens geeignet. Nach Basisstudien der Phasen I und II wurde das PSMA ab ca. 2010 in Deutschland prognostisch und ab ca. 2013 therapeutisch eingesetzt. Die Schweiz zog vor 2 Jahren prognostisch und dieses Jahr therapeutisch nach. Wirksamkeit Leider ist die Wirksamkeit von Mensch zu Mensch und von Krebsart zu Krebsart sehr verschieden. Ca. 30 % der Menschen sprechen nicht oder schlecht auf das PSMA an. Hier ist noch beträchtliche Forschung nötig. Bei wirksamer Diagnose ist die Wirksamkeit der Therapie entsprechend. Markt-Zulassung Eine Erstzulassung eines Medikamentes durch das BAG (Bundesamt für Gesundheit) erfolgt, wenn erfolgversprechenden oft versuchsweise, z.B. aufgrund einer Empfehlung oder Zulassung durch die Europäischen Medizin Agentur (EMA). Während dieser Zeit werden mit Phase III Studien weitere Daten erhoben, die die Wirksamkeit und die Toxizität und Nebenwirkungen abklären. Dann erfolgt die Marktzulassung. Nach der Marktzulassung wird mit Phase IV Studien die Langzeitwirkung überprüft. Diese Daten und Fakten sind noch ausstehend. Im Verlaufe der letzten Jahre konnte festgestellt werden, dass der Nutzen für die Patienten signifikant höher ist als das Schadensrisiko. Wie verläuft die PSMA Diagnostik und Therapie Diagnostik: Der Patient erhält eine Injektion von PSMA kombiniert mit einem leichten radioaktiven Strahler mit 40-80 Stunden Halbwertszeit. Das mit dem radioaktiven Strahler (diverse möglich) kombinierte PSMA dockt an den Krebszellen an und schlüpft in diese hinein. Der Patient trinkt Wasser und wird nach ca. einer Stunde in den Computer- Tomographen (CT) oder das MRI (Multiresonanz Imaging) verlegt. Die Ganzkörperbilder zeigen dann exakt an, wo bis ca. 2 mm grosse (MRI) Krebszellen im Körper vorhanden sind. Ausser entstehen keine Nebenwirkungen. Therapie: Die Therapie verläuft grundsätzlich gleich, aber mehrmals mit starken radioaktiven Strahlern mit Halbwertszeiten von wenigen Stunden. Die Menge der Injektionen und die zeitlichen Abstände sind in weiterer Abklärung. Der starke, PSMA-basierte Strahler dockt an den Krebszellen an und bestrahlt und zerstört die Krebszellen von innen heraus. Die Patienten werden dazu tageweise stationär aufgenommen, um mögliche Fieberschübe zu begrenzen. Es entstehen keine oder kaum spürbare, schnell abflauende Nebenwirkungen. Immunsystemtherapie: Auch hier der gleiche Vorgang. Der PSMA-basierte Immunsystemelement dockt an den Krebszellen an und macht diese für das eigene Immunsystem wieder erkenn- und damit zerstörbar. Damit wirkt das Immunsystemelement als Therapieverstärker. Es entstehen keine Nebenwirkungen. Zum entsprechenden Immunsystemelement wird noch geforscht. Nachsorge: die Nachsorge besteht aus der Messung des PSA-Wertes im Blut, der im Gegensatz zum gesunden Mann, jetzt krebsspezifisch ist. Steigt der PSA-Wert wieder an, ist eine weitere Behandlung notwendig. Beim gesunden Mann ist der PSA-Wert ein Entzündungsmarker oder ein Krebsmarker. Krankenkassenliste Schweiz Für Prostatakrebs ist in der Schweiz die Prognostik nach dem Rückfall und die Therapie als Zweitlinientherapie zugelassen. Ebenso bei jungen Frauen mit hochaggressivem Brustkrebs. Andere Krebsarten Nun Sie haben bereits gelesen, das PSMA, eben das prostataspezifische Membranantigen auch auf den neugebildeten Zellen entsteht, wie z.B. auch beim Brustkrebs, Nieren- und Leberkrebs. Wenn es nicht seit 1993 so hiesse, würde man dieses Protein umbenennen. Brustkrebs Der Brustkrebs trifft bekanntlich viel öfter auch junge Frauen und ist im Gegensatz zum Prostatakrebs kein reiner Alterskrebs. Brustkrebs ist im Gegensatz zum Prostatakrebs nicht gekapselt, das heisst entsteht nicht in einem kleinen (grundsätzlich sogar verzichtbaren Organ) sondern im flächigen Brustgewebe und zirkuliert mit dem ersten Auftreten schon im ganzen Blutkreislauf. Daher sind Rückfälle nach Brustknotenoperationen sehr viel häufiger. Gerade hier setzt der PSMA-Einsatz ein und eröffnet bessere, effizientere Therapiemöglichkeiten mit massiv weniger Nebenwirkungen als eben die bekannten Behandlungen mit jahrelanger Hormonunterdrückung und mehr oder weniger personalisierter und damit weniger toxischen Chemotherapie. Persönliches Fazit Ich bin zutiefst dankbar darüber, dass ich vor 12 Jahren für meine Prostatageschichte richtig entschieden habe. Und, dass genau zum für mich notwendigen Zeitpunkt weitere Therapien, auch in der Schweiz durch die Krankenkasse bezahlt werden und nutzbar sind. Ich habe mich zum Voraus gegen weitere Hormonunterdrückung und Chemotherapie entschieden. Mit dem heute nutzbaren Therapieangebot komme ich auch entsprechend den neuesten, ärztlichen Beratungen voraussichtlich ohne die massiv lebensqualitätsmindernde Hormonunterdrückung und Chemotherapie aus. Das wünsche ich möglichst vielen Krebspatienten. Meine Erwartungen und Hoffnung Als Betroffener/Patient erwarte ich den weiteren Einsatz eines laufend verbesserten PSMA. Ich träume von der Zeit, wo Behandlungen so günstig werden, dass nach der krebsspezifischen Anamnese das PSMA zur Diagnostik, zur Therapie und zur Nachtherapie mit einem Immunsystemelement eingesetzt wird. Dies würde eine effiziente und wirksame Krebstherapie weitgehendst ohne Nebenwirkungen bedeuten. Max Lippuner, Präsident Europa Uomo Schweiz
Mein Motto nach Diagnose und Ersttherapie: Das Leben ist mehr als nur PSA-Wert.
„Ich will mein Leben noch geniessen können“,
„Ich habe den Krebs als Mitbewohner akzeptiert“
und die Träume für die Pension der Realität angepasst!
Ich hätte mir vorstellen können, nach der Pensionierung noch ein, zwei Jahre meiner Arbeit als Schlosswart nachgehen zu können. Der Prostatakrebs machte mir einen Strich durch die Rechnung. Auch der grosse Traum vom mehrjährigen Reisen liess sich nicht erfüllen. Trotzdem bin ich zufrieden und voller Tatendrang. Ich fühlte mich gut. 2014 ging ich regulär in Pension Es gab ein grosses Abschiedsfest im Schloss, wo ich 25 Jahre als Schlosswart tätig war. Mit Herzblut und Engagement kümmerte ich mich um das historische Gebäude und dessen grossen Garten. „Das alles hinter mir zu lassen, fiel mir nicht leicht“, gebe ich zu. Gerne wäre ich auch nach meinem 65. Geburtstag noch einer Arbeit nachgegangen. „Doch wegen der körperlichen Belastung ist das nicht mehr in Frage gekommen.“ Nach der Aufgabe der Arbeit, hiess es auch, die Dienstwohnung mit dem eigenen Garten für den Nachfolger zu räumen.
Ab 2008 musste ich mit zahlreichen Veränderungen klarkommen. „Ich suchte den Arzt wegen des häufigen Harndrangs auf und machte mir keine grossen Sorgen.“ Als dieser später einen stark erhöhten PSA-Wert von 64 feststellte, folgten Untersuchungen und dann die Diagnose: Prostatakrebs. Das kam für mich aus heiterem Himmel. Damit hatte ich nie gerechnet. Ich achtete auf meine Gesundheit, trieb Sport und ernährte mich gesund. Ich fühlte ich mich absolut fit.
Nach einigem Hin und Her und dem Einholen von Zweitmeinungen entschied ich mich für eine Operation und die vollständige Entfernung der Prostata (radikale Prostatektomie). „Ich dachte: ‚Raus mit dem Zeug, dann habe ich Ruhe‘.“ Das mit der Ruhe funktionierte aber nicht. „Nach dem Eingriff war mein PSA-Wert nicht massiv gesunken, bzw. nicht mehr messbar, nein er war doppelt so hoch wie zuvor, nämlich bei 140.“ Dies erstaunte den Arzt nicht, wurden doch während der Operation 14 von Krebs befallene Lymphknoten mitentfernt. In der Folge der grosszügigen Prostataentfernung entfiel die Nervenschonung, was Impotenz zur Folge hatte. Der Krebs hatte schon metastasiert. Die Ärzte rieten mir zur bestmöglichen, nämlich einer Hormon-Entzugs-Therapie. Damit wollte man die Krebszellen, die sich im Körper befinden, am Wachsen hindern. „Mir wurde gesagt, dass ich nun mein Leben lang diese Hormonspritzen ertragen müsse“. Doch die erheblichen Nebenwirkungen wie Antriebsschwäche, Hitzewallungen, Müdigkeit (und erweiterte Libidoverlust), bewogen mich, die Therapie alternierend auszusetzen. „Ich will mein Leben geniessen können und es nicht abhängig machen von nur medizinischen Werten.“ Mit dem Arbeitgeber und der IV fand ich eine gute Lösung. Ich arbeitete während der Therapie reduziert in dem Sinn, dass schwere Arbeiten ausgelagert wurden und die Pausen etwas länger ausfielen. Von der IV erhielt ich eine 25 %-Rente zugesprochen. Ich ging nun alle drei Monate zur Kontrolle und wenn der PSA-Wert zu stark anstieg, unterzog ich mich wieder einer Hormon-Entzugs-Therapie mit zwei Spritzen alle 3 Monate. Das war im Durchschnitt einmal im Jahr der Fall. So stimmte es für mich. Damit konnte ich mich arrangieren.
Den Krebs annehmen, den Körper unterstützen
Sich arrangieren, das Unvermeidliche annehmen, ohne zu resignieren oder sich aufzugeben, das sind meine Eigenschaften. Dafür bin ich dankbar. Der Krebs gehört jetzt zu mir. Ich habe ihn als Mitbewohner akzeptiert. Kampflos überlassen wollte ich ihm das Feld aber nicht. Ich wollte meinen Körper, wenn irgend möglich unterstützen und damit er den Krebs in Schach halten. Ich setzte mich mit der Krankheit auseinander, las Bücher, verfolgte Studien, befasste mich mit Statistiken. Zum Beispiel habe ich meine Ernährung angepasst, ass weniger Kohlenhydrate und Fleisch. Ich übertrieb es aber nicht. Das Müesli am Morgen tat mir gut, darauf freute ich mich immer, obwohl ich damit Kohlenhydrate zu mir nahm. Die war aber bei meiner zum Teil schweren körperlichen Arbeit nötig. Auch der Sport hatte nach wie vor einen wichtigen Stellenwert in meinem Leben: Turnen, Wandern, Radfahren, Skifahren, um nur einige meiner Aktivitäten zu nennen. Ich leitete auch gerne eine Seniorenturngruppe. Weil ich weiss, wie wichtig, wegen drohender Inkontinenz, das Beckenbodentraining ist, habe ich es in meine tägliche Morgengymnastik eingebaut. Mit diesem Wissen kann ich anderen Betroffenen in der Selbsthilfegruppe „Prostatakrebs Bern“ helfen und ihnen wieder Mut machen.
Weg der kleinen Schritte
Längst habe ich meine Träume und Wünsche für die Zeit nach der Erwerbstätigkeit der Realität angepasst. Weiterarbeiten lag nicht drin, doch ich konnte meinem Nachfolger beratend zur Seite stehen. Mein Plan zwei, drei Jahre durch Europa zureisen, war nicht mehr realisierbar und doch: Tagesausflüge liegen allemal drin. „Ich denke jetzt in kleineren Schritten und mache keine grossen Sprünge mehr.“ Zum Glück bin ich deswegen nicht in ein Loch gefallen. Und schön für mich. an Plänen für die Zukunft mangelt es nicht. In meinem Bastelraum kann ich Velos flicken oder an Modellflugzeugen werkeln. Auch nach einem Umzug, liess sich ein neuer Bekanntenkreis am Wohnort aufzubauen. Als Mitglied und Leiter der Männerriege an meinem neuen Wohnort bin ich wieder voll integriert und nach wie vor in einer Velowandergruppe aktiv. In der neuen Hausgemeinschaft haben wir ein gut-freundnachbarliches Verhältnis.
Aktiv bleiben und sich, wenn nötig ablenken
Nach einem erneuten starken Anstieg des PSA-Wertes auf 72 im Jahr 2014, trotz Zweit-Generations Hormon-Entzugs-Therapie, wurde meine Situation im Tumorboard des Inselspitals erneut analysiert.
Die Empfehlung war: Chemotherapie zur Bekämpfung der vorhandenen Lymphdrüsen-Metastasen. Die Aussicht auf eine lange Therapie mit vielen ungewissen und einschneidenden Nebenwirkungen konnte ich mit meinem Lebensentwurf nicht vereinbaren. Die Alternative war, (für viele Patienten und Ärzte nicht erste Wahl), die Orchiektomie, die Entfernung der Hoden hat den Vorteil das Testosteron, den Treibstoff für den Krebs, zu senken. Das erschien mir, neben allen anderen, auch komplementär-medizinischen Therapien, ohne Aussicht auf Heilung, die einzige Alternative.
Die Operation erfolgte im Frühling 2015 in der Urologie am Inselspital, Bern. Ich wollte diese, eher seltene und eher überholte Therapie riskieren.
Seither sind PSA- und Testosteron-Werte erwartungsgemäss langsam bis auf sehr tiefe Werte gesunken.
Anschliessend haben sich die Nebenwirkungen dieser Therapie eingestellt. Die, bis dahin, noch funktionierende Libido ist sukzessive eingeschlafen. Dem Muskelschwund, einer zu erwartenden Osteoporose und auch der Fatigue versuche ich mit sinnvoller Ernährung, viel Sport und positiver Einstellung entgegenzuwirken.
Mein spezieller Dank geht in erster Linie an meine verständnisvolle Gattin, die mich in dieser schwierigen Zeit der Entbehrungen immer unterstützte und alles mitgemacht hat.
Danke auch an die Selbsthilfegruppen-Mitglieder. Die Teilnahme an den Treffen hat mich immer gestärkt und motiviert. Weiter danke ich den Mitarbeitenden der Krebsliga, die unsere Arbeit in der SHG seit Jahren tatkräftig unterstützen.
Häbets guet u sit positiv das hets use, Toni
Nicht ganz gleiche Ausgangslage – verschiedene Therapie-Wege
Jede PK-Geschichte beginnt anders und dennoch, es sind die individuellen Lösungen, die von den
Urologen, Radiologen, Onkologen angeboten werden und die heilend oder lebensverlängernd wirken
sollen. Die Therapieentscheide sind, wenn eingeleitet, nicht mehr reversibel und beeinflussen die
Lebensqualität der Betroffenen massiv.
Wir berichten von 2 Herren im ähnlichen Alter und mit gleichem Gleason-Score (8) bei der Diagnose.
Themen | Max, geb. 1948 | Toni, geb. 1949 |
Diagnose | Start: 2007
lokal (ohne Metastasen); PSA 5.5 |
Start: 2008
Fortgeschritten (div. Metastasen); PSA 64 |
Startempfehlung
|
Radikale Protastektomie (ohne Nervschonung) Hormonentzug und Bestrahlung | Prostatektomie (RP), Hormonentzug, |
Prognose | Impotent, möglicherweise inkontinent, krebsfrei | Palliativ-Situation, mit maximal verlangsamtem Krebswachstum |
Therapiestart
(unter Kontrolle) |
Bestrahlung, Hormonentzug
1 Jahr; (Patientenentscheid) |
Prostatektomie (RP), intermittierender Hormonentzug; (Patientenentscheid) |
Ergebnis
der Start-Therapie
|
10 Jahre Ruhe ohne Medikamente, dann erste Metastase im Becken | PSA-Verdopplung nach RP; Impotenz; Abfall und Neuanstieg
des PSA auf 72 im Startjahr |
Neuevaluation
der Krankheit
|
Bestrahlung der Metastasen in Becken und Rücken bis zum Bestrahlungsmaximum;
dann PSMA-Therapie mit Lutetium 144 |
keine Chemo aber Orchiektomie (Patientenentscheid);
Abfall der PSA-Werte
|
Ergebnis
der Folge-Therapien
(teilweise offen)
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PSMA-Therapie ohne Abfall des PSA (1/3 der Patienten haben keinen Nutzen); aktuell 2023: PSMA-Therapie in einer Studie mit Terbium 161, ausstehend;
Verlangsamung des PSA-Anstiegs mit Kurkumin und Grünteeextrakt; Start mit dem aufgeschobenen, intermittierenden Hormonentzug ab ca. PSA 50 (Patientenentscheid); Stand: 16 Jahre nach Diagnose und 6 Jahre nach Metastasierung |
Folge der Orchiektomie: Leistungsverlust, Muskelschwund, Osteoporose, Fatigue, kompletter Libidoverlust, … (die Neben-wirkungen der Chemo sind stärker); Stand: sechs Jahre nach der Diagnose; dann Gleichstand weitere 9 Jahre
Hurra, wir leben noch!
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Wir sind dankbar, dass wir noch Leben, dies dank der Medizinischen Forschung und Weiterentwicklungen.
Was können wir daraus lernen?
Leben heisst: Schicksaalschläge einstecken können und sie positiv verarbeiten,
um eine zufriedenstellende (Rest-)Lebensqualität zu erreichen. Das Leben ist und bleibt lebenswert und aber sehr anspruchsvoll. |
September 2023
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Mein Weg mit Prostatakrebs und aktive Überwachung
Ich wurde 1944 in Island geboren. Ich habe einen Abschluss in Betriebswirtschaft von der University of Iceland und einen Master-Abschluss in Marketing und Vertrieb von der University of Lancaster in Großbritannien. Bevor ich in den Ruhestand ging, war ich Mitbegründer und Leiter eines Unternehmens für pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel, SagaMedica ehf. Meine Frau Elin und ich sind seit 51 Jahren verheiratet und haben 4 Kinder (3 lebend) und 8 Enkelkinder. Im Ruhestand genießen meine Frau und ich die besten Jahre unseres Lebens.
Im Februar 2005 wurde bei mir Prostatakrebs diagnostiziert, mit PSA 10, Gleason 6(3+3) und einer Zweitmeinung 7(3+4). Meine Marker erlaubten es mir, mich gegen den Rat des Arztes für die aktive Überwachung anstelle einer Behandlung zu entscheiden, da die aktive Überwachung zu dieser Zeit noch nicht allgemein anerkannt war. Jetzt, 14 Jahre später, geht es mir immer noch gut.
Mein PSA-Wert schwankte, höchstwahrscheinlich aus anderen Gründen als PC, und liegt heute bei 7-8. Zu Beginn meiner Diagnose hatte ich zwei Biopsien, wurde aber seitdem sowohl in Holland als auch in Island mit MRT überwacht. Ich wurde nicht von PC geheilt, aber ich konnte den Krebs unter Kontrolle halten und meine Lebensqualität erhalten.
Ich habe in Island Vorträge über PC gehalten, einschließlich Medienauftritten. Derzeit halte ich Vorträge darüber, wie Prostatakrebs diagnostiziert wird und wie man damit leben kann. Zu diesen Diskussionen gehört auch „Die 10 Fragen, die Männer, bei denen PC diagnostiziert wurde, beantwortet werden müssen“, das ich verfasst habe. Im Jahr 2014 begann ich auch mit Sigurdur Skulasaon zusammenzuarbeiten, um die vermutlich erste international unabhängige Active Surveillance Support Group zu gründen.
Was ist Ihre größte persönliche oder medizinische Errungenschaft, die Sie während Ihrer AS-Reise erreicht haben?
Meiner Meinung nach war meine größte persönliche Leistung, dass ich auf eigene Faust umfangreiche Nachforschungen anstellte, gefolgt von der Wahl von AS.
Als bei mir im Alter von 61 Jahren PC diagnostiziert wurde, empfahlen mir meine Ärzte dringend, mich einer traditionellen Behandlung zu unterziehen. Die Chirurgie stand ganz oben auf der Liste. Es ist verständlich, dass diese Behandlung empfohlen wurde, da Konzepte wie Active Surveillance (AS) erst in den Anfängen der Akzeptanz standen.
Die AS-Theorien von Dr. Klotz (Kanada) erhielten 2005, 8 Jahre nachdem er mit der Forschung auf diesem Gebiet begonnen hatte, erste Anerkennung. Ich erkannte erst viel später, nachdem ich meine eigenen Nachforschungen angestellt hatte, dass meine frühen Marker (PSA10 – G6[3+3]) mich für AS geeignet machten. Erst Jahre später, als die Zweitmeinung G7(3+4) ergab, wurde mir klar, dass ich ein moderates Risiko einging.
Vor 14 Jahren gab es nur sehr wenige Männer, die sich für den AS-Weg entschieden haben. Es wird angenommen, dass vor 10 Jahren etwa 10% der Männer, bei denen PC diagnostiziert wurde, sich für AS entschieden. Heute wird angenommen, dass sich etwa 50 % der Männer für AS entscheiden, und diese Zahl liegt in Kanada und Schweden eher bei 90 %.
Gibt es ein Missverständnis, zu dem was Sie ursprünglich über PCa oder AS geglaubt haben, das Sie inzwischen entlarvt haben?
Das Hauptargument meiner Urologen und Ärzte war, dass ich ein großes Risiko einging, das lebensbedrohlich sein konnte. Mein früherer Urologe ging sogar so weit zu sagen, dass er sich von jeder Verantwortung befreit, wenn etwas schief geht, weil er mich und meine Frau vor den möglichen Konsequenzen gewarnt hatte, wenn er eine traditionelle Behandlung ablehnte. Ich bin auch nach Nijmegen in Holland gereist, um die Ergebnisse aus Island erneut testen zu lassen. Diese Tests zeigten günstigere Ergebnisse. Mir wurde klar, dass die Verantwortung für die Entscheidung über einen Behandlungsplan bei mir lag und nicht bei dem Urologen.
Können Sie eine Änderung des Lebensstils beschreiben, die Ihnen geholfen hat, AS effektiv zu befolgen?
Zwei wichtige Änderungen des Lebensstils betrafen mich, nachdem ich mit PC diagnostiziert wurde und AS ausgewählt hatte – die erste war die Zusammensetzung der Lebensmittel, die meine Frau und ich konsumieren. Wir wählen gesündere Lebensmittel und konsumieren nur morgens bis zum Mittagessen Obst. Wir glauben fest an das, was wir tun, auch wenn es nur begrenzte wissenschaftliche und klinische Beweise gibt, die unseren Ansatz unterstützen.
Zweitens änderte sich meine Perspektive auf das Leben, nachdem bei mir PC diagnostiziert wurde. Meine Frau und ich haben eine größere Wertschätzung für das Leben. Unser Ansatz ist es, so viele glückliche Momente wie möglich zu sammeln, indem wir heute Dinge tun, die wir früher auf morgen verschoben hätten.
Wie haben Ihre Familie oder Freunde auf die Nachricht über Ihre PCa-Diagnose und Ihre Entscheidung, AS zu folgen, reagiert?
Vor 14 Jahren galt meine PC-Diagnose als Todesurteil. Zwei Jahre lang erzählten meine Frau und ich nur unseren engsten Familienangehörigen von meiner Diagnose. Der Tod war eine Möglichkeit, und wir wollten niemanden beunruhigen.
Nach diesen zwei Jahren hielt ich meine erste PK-Präsentation. In dieser Präsentation stand AS ganz unten auf der Liste der Behandlungsoptionen. Niemand wusste, was AS beinhaltete, also dachten diejenigen, die kommentierten, dass ich ein großes Risiko einging.
Hast du ein Motto oder Zitat, das dich inspiriert?
Isländisch: „Söfnum ánægjustundum í lífinu.“ Deutsch: „Sammle Momente der Freude im Leben.“
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